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Knie

Kniescheibeninstabilität und Luxation

Kniescheibeninstabilität
Pain in the knee on a gray background

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Schnelle Diagnostik und fachgerechte Therapie sind wichtig

Zu den häufigsten orthopädischen Problemstellungen zählt die herausspringende Kniescheibe, ein Ereignis, welches von den Patienten meist als besonders traumatisch erlebt wird. Eine solche Luxation kann ganz unterschiedliche Ursachen haben, weswegen eine schnelle und genaue Diagnostik sehr wichtig ist, betont Christoph Bruhns, Chefarzt der Klinik für Sportorthopädie und Arthroskopie des Eduardus-Krankenhauses in Köln.

Herr Bruhns, was ist bei einer erstmaligen Patellaluxation zu tun?

Christoph Bruhns: Ganz wichtig ist, nicht lange abzuwarten, sondern sofort einen Facharzt aufzusuchen, damit schnell eine differenzierte Diagnostik mit MRT durchgeführt werden kann. So kann frühzeitig entschieden werden, ob eine konservative Behandlung sinnvoll ist oder aber über einen operativen Eingriff nachgedacht werden muss. Verspricht eine konservative Behandlung Erfolg, so sollte unverzüglich und konsequent mit einer sechswöchigen Schienenbehandlung und intensiver Physiotherapie begonnen werden. Ist eine Operation erforderlich, sollte diese auf jeden Fall in einer Spezialabteilung oder einem entsprechenden Zentrum vorgenommen werden.

Warum kommt es überhaupt zur Luxation der Kniescheibe?

Christoph Bruhns: Man unterscheidet die traumatische von der habituellen Luxation. Der traumatischen Luxation liegt ein Unfallereignis wie ein Sturz oder Anprall zugrunde. Das Risiko einer erneuten Luxation ist dann abhängig von der Schädigung der umgebenden Weichteilstrukturen. Bei der habituellen Luxation ist die Neigung zum Herausspringen der Kniescheibe anlagebedingt und wird durch mehrere Faktoren begünstigt. Häufig kommt es hier nach der Erstluxation zu weiteren Ausrenkungen, die oft in immer schnellerer Folge auftreten.

Aber gibt es überhaupt Möglichkeiten, dies zu behandeln?

Christoph Bruhns: Die Behandlung einer Luxation hängt von der Intensität, Häufigkeit und den aufgetretenen Begleitverletzungen ab. Heute folgt man dabei einem bewährten Behandlungsalgorithmus, der, abhängig von der Pathologie, die Ableitung eines entsprechenden Therapieschemas erlaubt. Dazu ist auf jeden Fall die Abklärung der Begleitschäden mit einer Kernspintomografie (MRT) notwendig, weil nur dieses Verfahren mit seiner hervorragenden Weichteildarstellung eine sichere Aussage über mögliche Knorpelschäden an der Gelenkoberfläche und Bandzerreißungen erlaubt. Bei einer unkomplizierten Erstluxation ohne Flakeabsprengungen, also ohne das Abscheren von Knorpelstücken, kann man mit einer konservativen Behandlung durch eine sechswöchige Schienenversorgung ein sehr gutes Ergebnis erzielen. Bei erneuter Luxation oder wenn bei der Erstluxation Knorpel- / Knochenflakes abgesprungen sind oder eine Fehlstellung wie ein extremes X-Bein vorliegt, reichen solche Maßnahmen natürlich nicht aus. Hier müssen zunächst die Begleitverletzungen versorgt werden, also etwa frei im Gelenk umherwandernde Knorpelstücke nach Möglichkeit wieder angeheftet werden. Dann muss die Kniescheibe für die Zukunft nach Möglichkeit daran gehindert werden, wieder herauszuspringen.

Wie kann man das erreichen?

Christoph Bruhns: Nicht selten ist durch die Luxation das Band, welches zwischen der Innenseite der Kniescheibe und dem Femurknochen verläuft, so stark eingerissen, dass es die Kniescheibe nicht mehr sicher führen kann. Es wird daher durch körpereigenes Sehnenmaterial rekonstruiert. Diese sogenannte MPFL-Plastik verändert die Kräfteverhältnisse beim Lauf der Kniescheibe so, dass die Knorpeloberflächen der Gleitrinne und der Patella nicht mehr zu stark belastet werden und die Kniescheibe wieder den optimalen Weg nimmt. Manchmal ist dies allerdings durch einen Weichteileingriff allein nicht zu erreichen, sodass z. B. eine Umstellungsosteotomie in Betracht gezogen werden muss. Dies ist insbesondere bei starken X-Beinen der Fall, die einen optimalen Lauf der Kniescheibe verhindern. Durch eine solche Begradigung der Beinachse wird die Kinetik der Kniescheibe deutlich verbessert und zugleich das Risiko einer Kniearthrose verringert.

Ein gar nicht so seltener Sonderfall liegt vor, wenn die Gleitrinne für die Kniescheibe zu flach ist. Am Eduardus-Krankenhaus führen Sie einen Eingriff durch, mit welchem dieser Zustand arthroskopisch beseitigt wird.

Christoph Bruhns: Das ist richtig. Bislang musste der dazu notwendige Eingriff – die geometrische Optimierung des Trochleaquerschnitts, also eine Vertiefung der Gleitrinne der Kniescheibe – offen chirurgisch vorgenommen werden. Dies ist eine relativ belastende Operation. Durch eine neuartige, aus Dänemark stammende Technik können wir diese nun in Schlüssellochtechnik vornehmen, was sich als sehr vorteilhaft erwiesen hat.

Ganz oft kommt es bereits im Kindesalter zu Kniescheibenproblemen. Zu welchem Vorgehen raten Sie Eltern? Sollte man eher abwarten oder befürworten Sie eher eine rasche Behandlung?

Christoph Bruhns: Eine Kniescheibenluxation ist eine komplexe Verletzung, die im Kindesalter leider oft bagatellisiert und damit nicht adäquat behandelt wird, obwohl nichts gegen eine operative Versorgung spricht – im Gegenteil. Sollten sich Probleme durch die offenen Wachstumsfugen ergeben, so sind diese heute recht einfach beherrschbar, was leider nicht für die Folgeschäden der Nichtbehandlung gilt. Wenn das Kniegelenk dadurch bereits im jungen Erwachsenenalter irreparabel geschädigt ist, ist guter Rat teuer! In jedem Fall sollten also Kinder mit einer Kniescheiben-Luxationsproblematik einer zügigen Diagnostik und ebenso schnell einer stadiengerechten Behandlung zugeführt werden!

Herr Bruhns, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!

aus ORTHOpress 2-2017

Weitere Informationen:

Chefarzt Christoph Bruhns

Eduardus-Krankenhaus gGmbH

Custodisstraße 3 – 17

50679 Köln

Sekretariat:
Tel.: 0221 / 82 74 - 22 33 oder - 33 44

Fax: 0221 / 82 74 - 79 49

sportorthopaedie@eduardus.de